Saturday, September 19, 2009

Tee-Zeremonie, Geishas und Taenze in Kyoto

Wir machten uns also weiter auf den Weg nach Gion, dem ehemaligen Rotlichtbezirk von Kyoto. Es ist das Viertel der Geishas, Teehaeuser, kleinen Restaurants und wir hatten vor, dort ein kleines Theater zu besuchen, um einen Einblick in die traditionellen Kuenste aus Kyoto zu bekommen.

Es ging vorbei am Minamiza Ichiriki Theater…

Da dieser Bezirk nur von kleinen Lampen und Schildern beleuchtet wurde, war es leider kaum moeglich, ohne Stativ gute Bilder zu machen.

Etwas mehr Glueck mit den Bildern hatten wir im Theater. Die Vorfuehrung begann mit einer kleinen Teezeremonie. Es sollten sich zwei Freiwillige melden, welche den zubereiteten Tee anschiessend geniessen durften. Da sich nach der ersten Fragerunde niemand traute, habe ich mich doch gemeldet *haha* und daraufhin noch ein weiterer Herr.

Die Tee-Zubereitung aus Pflanzen hat ihren Ursprung China und geht bis ins 8 Jh. zurueck. Gegen Ende der Heian-Epoche, 12. Jh., brachten Zen-Priester Tee nach Japan. In den Zen-Tempeln und unter Edelleuten wurde der Tee als eine Art Medizin, zur Beseitigung von Muedigkeit und zur Staerkung der Willenskraft eingesetzt.

Unter dem beruehmten und einschlussreichen Feldherrn Toyotomi Hideyoshi vollendete der Tee-Meister Sen Rikyu (1521-1591) die Tee-Zeremonie zu ihrer heutigen Form. Von ihm stammt auch der Gedanke des “Wakei Seijaku”, welcher den Geist der Teezeremonie ausdruecken sollte – Schoenheit, Einfachheit, Schlichtheit, Ruhe, laendliche Natuerlichkeit und Anmut.

Diese Dame bereitete fuer uns den Tee.

Ich war beeindruckt von der Schoenheit der Bewegungen – spaeter durften wir selber nach Anleitung Tee zubereiten. Die vielen kleinen festgelegten Schritte, die Haltung des Daumens, das Auswischen der Teeschalte etc. – ist eine Art Meditation, bei der man sich ganz auf das Teezubereiten konzentriert. Es ist wirklich ein sehr friedvoller Weg und die Bewegungen an sich schienen mir wenig fremd. Dai meinte, es koennte am Kendo-Training liegen, bei dem auch Kata (festgelegte Formen) trainiert werden.

Zu jedem Tee wird eine traditionelle Suessigkeit gereicht, die man zu essen beginnt, wenn die Tee-Meisterin mit der Tee-Zubereitung beginnt. Ich hatte nur leider wenig Ahung von dem ganzen Ablauf und der nette Herr neben mir, obwohl Japaner, auch nicht ! Ich bekam einen kleinen Zettel vor die Nase gelegt, auf dem Stand, wie ich mich wo und wann zu verhalten habe, aber einfach war es trotzdem nicht und mein Nachbar schielte auch mehrmals auf den Zettel. Gepatzt haben wir trotzdem das eine oder andere Mal . Das Essen der Suessigkeiten, das Halten und Trinken des Tees erfolgt auch nach festgelegten Schritte.

“In meinen Haenden halte ich eine Schale Tee. Seine gruene Farbe ist ein Spiegel der Natur, die uns umgibt. Ich schliesse die Augen, und tief in mir finde ich die gruenen Berge und das klare Wasser der Quellen. Ich sitze allein, werde still und fuehle, wie all dies ein Teil von mir wird. …

Was ist das Wundervollste für Menschen, die dem Teeweg folgen? Das Gefuehl der Einheit von Gast und Gastgeber, geschaffen durch die Begegnung von Herz zu Herz und das Teilen einer Schale Tee.”

Dr. Sôshistsu Sen, der Großmeister der Urasenke in der 15. Generation, ueber sein Erleben der Teezeremonie.

Waehrnd der Tee-Vorfuerhung wurden wir begleitet von der Musik zweier Koto-Spielerinnen.

Die Koto ist ein 13 saitiges Instrument, welches vor ca. 1300 Jahren aus China eingefuehrt wurde. Die Koto basiert auf dem chinesischem Guzheng. Sie ist ca. 180cm lang und 25cm breit und ich kann ihren Klang sehr gut leiden.

Waehrend des Spiels der Koto begannen zwei Damen mit Ikebana, der Blumensteckkunst.

Beginnend im 6 Jh. dienten die arrangierten Blumen in Vasen und Schalen urspruenglich als Opfer fuer buddhistische und shintoistische Goetterbilder. Der Weihrauch als Speise, die Kerze als Widerspiegelung des Universums und die Blumen als Bewunderung der Gottheit durch den Menschen.

Spaeter wurde Ikebana Pflicht in der Ausbildung von Adeligen neben der Kalligrapie, Musik und Dichtkunst. Auch Samurai und Priester uebten sich in der Kunst des Blumensteckens. Die vorerst nur von Maennern praktizierte Kunst wurde erst im 16 Jh. an Frauen weitergegeben und wurde ein Teil der Ausbildung von Geishas.

Es werden je nach Jahreszeit und Anlass bestimmte Blumen benutzt und der Gestalter bringt mit dem Stecken seine jeweiligen Gefuehle waehrend des Gestaltens zum Ausdruck. Die arrangierten Blumen bringen die Natur in den Lebensraum des Menschen und stellen gleichzeitig die Kosmische Ordnung dar.

Danach erfolgte eine Darbietung des Gagaku, der Hofmusik. Der Ursprung liegt im 7-9. Jh. der Tang Dynastie in China. Mit dem Untergang der Tang Dynastie ist diese in China ausgestorben, aber in Japan wurde sie von Mitgliedern der Kaiserfamilie weiterhin gepflegt. Sie fand auch Eingang in religioese Feierlichkeiten in Tempeln und Schreinen.

Da Gagaku das Musikempfinden der Japaner sehr zum Asudruck bringt, ist es zu einer traditionellen Kunst geworden und bis heute geblieben.

Wird Tanzmusik vorgetragen, sitzt des Orchester hinter oder neben den Taenzern, wie in unserem Fall. Wir sahen einen “Linken Tanz”, wobei sich links und rechts auf die Seiten am Hofe bezieht und mit “linkisch” nichts zu tun hat. Die Kleidung unseres Taenzers in Rot bedeutet, militaerische Kleidung des Heian-Hofes – also ein kriegerischer Tanz. Seeehr beeindruckend!

Kyogen, die Klassische Komoedie, wird seit dem 15 Jh. ueberliefert. Im Gegensatz zum Noh-Theater, welches eine gehobene Sprache verwendet, wird hier die alltaegliche Sprache benutzt. Im 16. Jh. wurde die Komoedie beim Volk populaer, besonders bei dem Samurai und stand unter dem Schutz des Shogunats. Durch ihren Realismus und Inhalte der Dialoge geriet sie zeitweise in Kritik.

Ich fand das aufgefuehrte Stueck ziemlich witzig und tatsaechlich wie aus dem Leben gegriffen.

Dem zweiten Herrn wurdem durch einen Trick auch noch die Haende auf dem Ruecken verbunden . Leider habe ich nicht mehr auf Foto, wie die beiden dann versucht haben, in Abwesenheit von Herrn 3, Sake aus einem Gefaess in eine Schale zu geben, diesen dann zu trinken und von Herrn 3 ueberrascht zu werden ^^ .

Den Tanz der beiden Maiko empfand ich als viel zu kurz !

Maiko sind Geisha-Auszubildende, deren strenge und harte Ausbildung eigentlich mit sechs Jahren, sechs Monaten und sechs Tagen beginnt. Heutzutage ist sie auch mit 16 Jahren moeglich.

Die Maiko wird ausgebildet in Kalligraphie, Tanz, Gesang, gepflegter Konversation, Spiel auf der Shamisen, Trommel und Floete, Ikebana und Teezeremonie. Eine fertige Geisha sollte anmutig und perfekt in jedem Gebiet sein. Faelschlicherweise werden sie oft mit Prostituierten gleichgesetzt. Erotik spielt beim Zusammentreffen mit Gastgebern eine sehr subtile Rolle, z.B. beim “zufaelligen” Entbloessen des Unterarms.

Geishas werden oft fuer Feiern und Familienfeste gebucht und sind Bewahrerinnen der traditionellen Kuenste.

Als letztes sahen wir ein Puppenspiel, das Bunraku, welches im 16 Jhr. seinen Ursprung fand. Die Puppen werden von 3 in Schwarz gekleideten Personen gespielt und wirken extrem lebendig.

Unsere Helden bekommt die Nachricht, dass ihr Geliebter hingerichtet werden soll, wenn sie dessen Schwert nicht rechtzeitig zurueckgeben kann.

Aber alle Stadttore sind bereits verschlossen. Mutig klettert sie trotz eines Schneesturms auf einen Turm, um die Feuerglocke zu laeuten. Bei Feueralarm oeffnen sich die Tore ! Musik, fallender Schnee, eine verzweifelte Heldin… ich war begeistert von der Fertigkeit dieses Spiels!

Nach diesen Auffuehrunge ging es fuer Dai und mich noch zu einer Teezeremonie, bei der wir in die verschiedenen Schritte genau eingewiesen wurden und dann mit der Lehrerin diese nachmachen mussten. Das richtige Schlagen des Matcha-Tee mit der rechten Hand erwies sich fuer mich als Linkshaenderin extrem schwierig, sodass mir die Lehrerin zu Hilfe kam. Das Ergebnis war ein extrem lecker geschlagener Tee *hihi*.

Unseren ersten ereignisreichen Tag beendeten wir mit einem spaeten Spaziergang durch Gion, kauften in einem Konbini was zu futtern und gingen dann zurueck auf unser Hotelzimmer. Wir haben eigentlich nur noch was gegessen und sind erschlagen eingeschlafen. Der naechste Tag sollte nicht unaufregender werden !

*winke*

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